Organische Dünger aus Tüten – Deklaration mangelhaft

Dieser Artikel erschien am 24.01.2011 auf meinem Blog bei Utopia, wo die Blogfunktion bedauerlicherweise entfernt wurde. Da Schlachtnebenprodukte in organischen Düngern nach wie vor nicht als solche deklariert, sondern hinter ungenauen Bezeichnungen wie „NPK-Dünger“ oder „organische Rohstoffe“ versteckt werden, veröffentliche ich diese Produktanfrage mit anschließender Auflistung einiger veganer Alternativen am 18.01.2020 erneut (zurückdatiert).

Als umweltbewußte Obst- und Gemüsegärtnerin bin ich synthetischen Düngern gegenüber abgeneigt – die Überdosis an Nährstoffen, die von den Pflanzen nicht vollständig aufgenommen werden können, dem Bodenleben schaden oder das Grundwasser belasten sind Grund genug, diese Produkte zu meiden.
Aber was ist eigentlich in käuflichen organischen Düngern enthalten, die in Plastiktüten abgepackt zu haben sind? Das wollte ich wissen und bin auf die Suche gegangen.

Aus den Öko-Test-Kandidaten der NPK-Dünger (N=Stickstoff, P=Phosphor, K=Kalium) von 2006 habe ich mir die Nummer eins gewählt: Oscorna. Das Produkt Animalin wurde von Öko-Test 2006 mit der Note „Sehr gut“ ausgezeichnet u.a., weil es gegenüber anderen sogenannten NPK-Düngern keine oder wenige Schwermetalle aufwies (getestet wurde auf Uran, Cadmium, Arsen, Zink, Chrom und Kupfer).

Um die Ausgangsstoffe, bzw. die genaue Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ging es in dem Test ebenso wenig wie in der Produktbeschreibung auf der Homepage von Oscorna. Warum werden diese den interessierten VerbraucherInnen vorenthalten?

Produktanfrage

Ich habe folglich eine Produktanfrage an Oscorna gestellt, in der ich um „eine Auflistung sämtlicher Inhaltsstoffe“ bzw. einer entsprechenden Quelle bat.

Als Antwort bekam ich, dass die Produkte „ausschließlich Rohstoffe pflanzlicher und tierischer Herkunft“ enthalten würden und „frei von chemisch-synthetischen Beimengungen“ seien. Anbei erhielt ich Datenblätter zu den angefragten Produkten Animalin und Boden-Aktivator, denen leider auch keine konkreten Inhaltsstoffe zu entnehmen waren. Das angebotene Telefonat zur Klärung weiterer Fragen habe ich dann auch dankend angenommen und nach einer wirklich sehr netten Unterhaltung erfahren, dass Oscorna-Produkte folgende Inhaltsstoffe enthalten, bzw. nicht enthalten: Es hieß, tierische wie auch pflanzliche Inhaltsstoffe kämen ausschließlich aus der Lebensmittelindustrie, (also nicht von der Tierkörperbeseitigung und auch nicht von kompostierten Grünabfällen der Gemeinde). Aus der fleischverarbeitenden Industrie werden Knochen teils mit noch anhaftendem Fleisch zu Mehl verarbeitet (Knochen enthalten viel Phosphat), die Hörner der Tiere würden ebenfalls gemahlen und zugegeben (das bekannte Hornmehl). [ERGÄNZUNG 21.02.2013: Wahrscheinlich war das Horn der Tiere im Sinne von Hörnern und Hufen gemeint. Da die Hörner in der Regel frühzeitig ausgebrannt werden, um die Tiere auf engem Raum halten zu können, dürften mehr Hufe anfallen].

Als pflanzliche Bestandteile wurden Presskuchen der Rapsölherstellung und Traubenkernschrot aus der Weinherstellung genannt.

Zugesetzt werde außerdem Basalt-Gesteinsmehl, das einen hohen pH-Wert hat. Es werde kein Sojaschrot verwendet, weil es meist gentechnisch verändert sei. Es käme auch kein Hühnerkot zum Einsatz aufgrund des zu hohen Antibiotikaeinsatzes in der Hühnerhaltung.

Rizinus(ölpresskuchen) werde wegen seiner Giftigkeit nicht verwandt. (Wie sieht das alles wohl bei den Konkurrenzprodukten aus?). Ferner sei es leider nicht möglich, diese „Rohstoffe“ aus ökologischer Erzeugung zu beziehen, da die große Nachfrage nur durch das Angebot aus Massentierhaltung und konventionellem Anbau gedeckt werden könne. Auf meine Frage, ob es nicht möglich sei, die tierlichen Bestandteile wegzulassen, bekam ich leider die enttäuschende Antwort, dass diese den größten Teil ausmachen.

Mein Fazit:

Oscorna als Produzent organischer Düngemittel ist nicht nur Resteverwerter, sondern Bestandteil und Nutznießer eines Marktes, der mit (Nutz-)Tieren Geschäfte macht und zwar in großem Stil (Massentierhaltung).

Öko-Test empfiehlt zudem: „Phosphatreiche Dünger gehören nicht in den Garten, denn Gartenböden sind fast immer mit Phosphat überversorgt.“* (Knochen enthalten viel Phosphat). Es sollten besser erst Bodenproben genommen werden.

Auch kommen die pflanzlichen Anteile nicht aus ökologischem, sondern aus konventionellem Anbau, daher rechne ich mit Resten von Spritzmitteln in der Tüte. Die in der konventionellen Landwirtschaft übliche Anwendung synthetischer Düngemittel möchte ich zudem aus eingangs erwähnten Gründen nicht unterstützen. Mit der Ausbringung von Gülle gelangen auch Antibiotika auf den Acker. [ERGÄNZUNG 21.02.2013: Nachdenklich macht auch, dass bei vielen Bio-Anbauverbänden Blut- und Knochenmehle verboten sind.] Bei allen Pluspunkten gegenüber den Konkurrenzprodukten komme ich zu dem Schluss, dass die Dünger aus der Tüte nicht in meinen Garten kommen, da sie nicht meinen Wünschen entsprechen. [Das gilt auch für andere Hersteller, die die Inhaltsstoffe nicht vollständig und/oder explizit vegan deklarieren].

Auswege bzw. Alternativen:

  • Stickstoff ist auch reichlich enthalten in Brennnesseln und Beinwell – aufgebracht als Mulch oder als Jauche sind beide ebenfalls geeignet, den Boden mit Stickstoff anzureichern.
  • Auch Mulch aus anderem Pflanzenmaterial und Kompost aktivieren das Bodenleben und versorgen den Boden mit Nährstoffen.
  • Die verschiedenen Leguminosen / Gründüngungspflanzen tragen mit ihren Knöllchenbakterien ebenfalls zur Stickstoffversorgung bei – gut als Nachbarkultur oder für die Fruchtfolge.
  • [ERGÄNZUNG 21.02.2013: Wer den Stickstoff der Leguminosen auf ein anderes Beet transportieren möchte, kann das in Form von Leguminosenschrot, dass es hier auch zu kaufen gibt – aus biologischem (leider nicht bio-veganem) Anbau. Denn wenn die Pflanzen in Blüte / in die Frucht gehen, nutzen sie selbst den erzeugten Stickstoff aus dem Boden und lagern ihn im Korn ein. Im Gegensatz zu Pflanzenjauche ist es nicht schnell, sondern mittel bis langsam verfügbar – gut für Sandböden / Grundwasser – und riecht nicht. Es enthält neben Stickstoff auch Phosphor und Kali. Zudem sind Leguminosenschrote von den vielen rein pflanzlichen Düngemitteln die es gibt wohl die einzigen, die aus Ökolandbau zu haben sind, wohingegen Maltaflor, Vinaisse etc. aus konventionellen Reststoffen der Lebensmittelindustrie sind. Siehe auch den Vergleich verschiedener tierl. und pflanzl. Düngemittel].
  • Urgesteinsmehl ist das einzige, was bei mir aus der Tüte kommt – Basalt und Diabas enthalten Kobalt, ein Baustein des Vitamin B12 (Cobalamin), das wichtig für stickstoffbildende Mikroben ist.
  • Den Wildtieren Raum geben – z.B. im Winter Vogelfutterhäuschen befüllen, vielleicht ein paar eingesammelte Äpfel auf den Beeten aufspießen für die Amseln (die „wilden Hühner“, die als Dank ihren düngenden Beitrag da lassen ;-).

Da ich mit diesen Mitteln schon seit 2004 erfolgreiche Ernten verzeichne, sehe ich meiner (Teil-)Selbstversorgung mithilfe biologisch-organisch-pflanzlicher aber vor allem regional angebauter bzw. angesetzter Düngemittel relativ gelassen entgegen. Zudem gibt es auch Landwirte, die biologisch wirtschaften, ohne („Nutz“-)Tierbestandteile oder deren Ausscheidungen zu benutzen.

Ich hoffe, dass es mehr werden …

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